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12.8.2009 taz Nr. 8959 Aktuelles 134 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 02
CLINTON-BESUCH US-Außenministerin fordert Bestrafung der Täter sexueller Kriegsverbrechen und ein Ende der Menschenrechtsver-letzungen im Kongo: "Es gibt keine Ausreden mehr"
VON DOMINIC JOHNSON
US-Außenministerin Hillary Clinton hat am gestrigen Dienstag in der kongolesischen Stadt Goma, mitten im Kriegsgebiet, entschlossene Maßnahmen zur Überwindung von Krieg, Korruption und sexueller Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo verlangt und praktische Hilfe dabei angekündigt. Sie besuchte die Frauenstation des größten privaten Krankenhauses in Goma, das von der US-Hilfsorganisation "Heal Africa" geführt wird und Opfer sexueller Kriegsverbrechen aus ganz Ostkongo behandelt, und traf sich danach mit zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Helfern zu einem Runden Tisch. Dabei kündigte sie ein Hilfsprogramm in Höhe von 17 Millionen Dollar gegen sexuelle Gewalt an. 3 Millionen davon sollen in den Aufbau einer Spezialeinheit der Polizei fließen.
Zuvor hatte Clinton in Goma mit Kongos Präsident Joseph Kabila gesprochen. "Es darf keine Straflosigkeit für die sexuelle Gewalt geben, die von so vielen begangen wird", sagte sie danach. "Es muss Festnahmen und Anklagen und Strafen geben." Darüber habe sie mit Kabila eine "sehr offene Diskussion" geführt, was ausdrückt, dass man sich nicht einig wurde.
Am Vortag hatte die US-Außenministerin in Kongos 2.000 Kilometer entfernter Hauptstadt Kinshasa gegenüber Premierminister Adolphe Muzito bereits Klartext geredet: "Der verbreiteten Korruption und der Verletzung von Menschen- und Frauenrechten muss ein Ende gesetzt werden." Dem UN-Rundfunk im Kongo sagte sie: "Sicherlich ist Kongos Regierung aus mehreren Jahren des Krieges hervorgegangen, aber es gibt keine Ausreden mehr. Man kann von Kongos Regierung und auch von den USA, anderen Ländern und der UNO mehr erwarten." Selten hat ein hochrangiger ausländischer Besucher im Kongo seit den Wahlen 2006 so deutliche Worte zu den Missständen im Land gefunden.
Der Osten des Kongo kennt seit Mitte der 90er-Jahre keinen Frieden. Derzeit sorgen Übergriffe kongolesischer Regierungstruppen sowie der sie bekämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) in der Region für massive Fluchtbewegungen. Nach einer neuen Übersicht der humanitären UN-Abteilung OCHA liegt die Zahl der Kriegsvertriebenen im Kongo jetzt bei 2,1 Millionen. Sowohl Armee als auch FDLR setzen Vergewaltigungen als Mittel der Einschüchterung ein. Letztes Jahr registrierte die UNO im Kongo über 16.000 schwere sexuelle Übergriffe. In den Kriegsgebieten soll die Zahl laut OCHA seitdem um 30 Prozent gestiegen sein.
Frauenaktivistinnen beurteilten Clintons Besuch verhalten positiv. "Es ist schon sehr wichtig, dass sie zu verstehen gibt, wie wichtig es ist, dass Frauen geschützt werden", sagte Desirée Zwanck, die vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes zu "Heal Africa" nach Goma entsandt ist.
"Zum ersten Mal in zehn Jahren habe ich Hoffnung", sagte Christine Chuler-Deschryver, die in der Stadt Bukavu Opfer sexueller Kriegsverbrechen betreut. Man habe, sagte sie während des Runden Tisches, genug von Besuchern, die nichts als Visitenkarten hinterließen - so seien zugesagte Hilfen Deutschlands und Frankreichs für das Panzi-Krankenhaus in Bukavu nie eingetroffen. "Ich werde nicht nur eine Visitenkarte hinterlassen, aber einen Zauberstab auch nicht", antwortete Clinton.
"Die Zukunft des Kongo liegt in den Händen der Kongolesen", versuchte die US-Außenministerin Erwartungen zu dämpfen. Schuler-Deschryver forderte mehr Druck auf die FDLR: Diese "verhalten sich wie die Janjaweed-Milizen in Darfur: sie zünden die Dörfer an und treiben die Bewohner in die Flucht".