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12.10.15
Nach dem Urteil gegen die FDLR deutet sich ein Bündnis zwischen Kongo und Ruanda an. Sie wollen gemeinsam gegen die Hutu-Miliz vorgehen.
BERLIN taz | Als am Montag, den 28. September, das Urteil vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht gegen die FDLR-Führung fiel, saß im 6.000 Kilometer entfernten Dschungel im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Hutu-Miliz in ihrem Hauptquartier zusammen. Die Führungsmitglieder beten für ihren Präsidenten Ignace Murwanasyhaka. Aus dem Radio erfuhren sie dann von dem Schuldspruch, berichtet FDLR-Sprecher Laforge Fils Bazeye telefonisch aus Bweru, einem kleinen Ort in den Bergen Masisis in Nord-Kivu.
Die beiden in Deutschland angeklagten Ruander, Murwanashyaka und sein Vize Straton Musoni, wurden vom Stuttgarter Oberlandesgericht für die „Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung“ für schuldig befunden.
Vom Ausgang des Verfahrens sei er nicht überrascht, sagt der FDLR-Sprecher. „Ignace und Straton sind schon vor ihrer Verhaftung für schuldig erklärt worden“, sagt er und erwähnt den Staatsbesuch von Ruandas Präsident Paul Kagame in Berlin 2008. Bei dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Kagame gefordert, die FDLR-Führer in Deutschland verhaften zu lassen.
Die beiden Angeklagten leben seit ihren Studienzeiten in den 80er Jahren, noch vor FDLR-Gründung 2000, in der Bundesrepublik. Dieser Bitte Kagames seien die Deutschen nachgekommen. Das Urteil sei damit politisch motiviert. „Das Verfahren selbst war zudem voller Unregelmäßigkeiten, denn sowohl die Staatsanwälte als auch die Richter sind nie hierhergekommen, um nach Beweisen für die Schuld zu suchen“, so Laforge.
Damit gibt ihm der deutsche Richter Jürgen Hettich recht, denn dies war ein Kritikpunkt im Urteil: Die Aufklärung von Straftaten 6.000 Kilometer weit weg mit aufwendigen Ermittlungen, Rechtshilfeersuchen und einer extrem komplexen Beweisaufnahme sei „sehr schwierig“ gewesen, so Hettich in seinem Urteil. Dennoch ist der Schuldspruch ein Meilenstein. Es ist das erste Mal, dass die FDLR für ihre Verbrechen im Kongo juristisch belangt wird.
Die FDLR befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Seit vier Monaten beschießen Kongos Regierungstruppen die militärischen Stellungen der Hutu-Miliz in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu.
Ursprünglich hatte einmal die UN-Mission im Kongo, Monusco, unter Leitung des Deutschen Martin Kobler zum Krieg gegen die FDLR geblasen, doch die UN-Militäroperation fand nicht statt. Es gab Bedenken wegen der Zusammenarbeit mit Kongos Armee (FARDC) und möglichen Kriegsverbrechen.
Allein scheint die FARDC derzeit aber nicht gegen die FDLR anzukommen. Sie habe schwere Verluste erlitten, heißt es bei der Munosco. Dann wandte sich Kongos Regierung ausgerechnet an ihre Feinde im Nachbarland Ruanda, um Unterstützung gegen die FDLR zu erbitten.
Ende September trafen sich in Kigali Ruandas Verteidigungsminister James Kabarebe und dessen kongolesischer Amtskollege Aimé Lusa-Diese Ngoi-Mukena, der wenige Tage später aus dem Kabinett flog. Das Treffen sei „der Anfang eines neuen Kapitels unserer bilateralen Zusammenarbeit“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Um den gemeinsamen Herausforderungen in Sachen Sicherheit zu begegnen, müsse die FDLR „ausgelöscht“ werden, da sie eine „Bedrohung für beide Länder“ darstelle.
Im Ostkongo wird gemunkelt, die gemeinsamen Operationen hätten bereits begonnen. Ende September schlugen Raketen in der größten FARDC-Kaserne Ostkongos in Rumangabo ein, rund 40 Kilometer nördlich von Goma, direkt an Ruandas Grenze. Sechs Soldaten starben. Die FARDC machte die FDLR dafür verantwortlich. Umgekehrt beschuldigt Laforge im Interview Ruandas Spezialeinheiten, die bereits im Kongo stünden, den Angriff durchgeführt zu haben.