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4.12.2018, Dominic Johnson
Emmanuel Shadary, Präsidentschaftskandidat von Kongos Regierung, steht unter EU-Sanktionen. Die Regierung verlangt, sie aufzuheben.
BERLIN taz | Wenige Wochen vor den Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo am 23. Dezember spielt die Regierung von Präsident Joseph Kabila im Wahlkampf die nationalistische Karte. Im Mittelpunkt stehen die Sanktionen, die die EU im Dezember 2016 und Mai 2017 gegen 16 staatliche Gewaltakteure des Landes verhängt hat.
Denn einer davon ist der Präsidentschaftskandidat der Regierung: Emmanuel Ramazani Shadary.
Als Innenminister und Vizepremier sei Shadary, so die EU-Beschlussvorlage, „offiziell zuständig für die Polizei- und Sicherheitsdienste und die Koordinierung der Arbeit der Provinzgouverneure“ gewesen. In dieser Kapazität sei er für Festnahmen von Oppositionellen, „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ und die Intensivierung des Bürgerkrieges in den Kasai-Provinzen verantwortlich.
Die Strafmaßnahmen – vor allem ein Einreiseverbot – laufen bis 12. Dezember 2018. Bis dahin muss die EU entscheiden, ob sie sie verlängert oder aufhebt – mitten in Kongos heißer Wahlkampfphase.
Die aktuelle EU-Stimmung tendiert dazu, die Sanktionen „technisch“ zu verlängern und nach Kongos Wahlen weiterzusehen. Das reicht der Regierung in Kinshasa aber nicht. Am vergangenen Freitag bestellte Außenminister She Okitundu das diplomatische Korps in den roten Salon seines Ministeriums und las den EU-Botschaftern die Leviten.
Die Sanktionen, sagte She Okitundu, seien rechtswidrig und respektlos und seien eine „flagrante Einmischung“ Europas in Kongos Wahlkampf. Sollten sie nicht vor den Wahlen aufgehoben werden, behalte Kongos Regierung sich „ihr souveränes Recht zu Gegenmaßnahmen, deren Art und Ausmaß sie derzeit zu verschweigen vorzieht“, vor.
Die markigen Worte sind typisch für Kongos Ton gegenüber dem westlichen Ausland. Die EU und das „Carter Center“ aus den USA haben diesmal, anders als sonst, keine Einladung zur Wahlbeobachtung erhalten.
Die US-Botschaft war die gesamte vergangene Woche aufgrund einer nicht näher präzisierten Terrorwarnung geschlossen – die USA haben sich den Kongo-Sanktionen der EU angeschlossen.
All dies könnte aber nach hinten losgehen. Der US-Kongress berät derzeit ein Gesetz zur Ausweitung der Strafmaßnahmen. Und die EU erhält Schützenhilfe vom berühmten kongolesischen Frauenarzt Denis Mukwege, der Zehntausende Opfer sexualisierter Kriegsverbrechen behandelt hat und am 10. Dezember, zeitgleich zu den Beratungen der EU-Außenminister, in Oslo den Friedensnobelpreis entgegennimmt.
Mukwege mahnte vergangene Woche in einer Rede vor dem Europaparlament: „Die Aufhebung der Sanktionen zu verlangen heißt, dass diese Verbrechen straflos werden.“
Objektive Gründe für eine Sanktionsaufhebung sind schwer zu erkennen. Wichtige Oppositionelle sind von den Wahlen ausgeschlossen, das Prozedere mit elektronischen Wahlmaschinen gilt als suspekt.
Auf neue Aufmerksamkeit stößt auch die ungeklärte Ermordung der UN-Experten Zaida Catalan aus Schweden und Michael Sharp aus den USA im Kriegsgebiet von Kasai im März 2017 – und ein möglicher Zusammenhang mit Shadary.
Nach kongolesischen Regierungsangaben wurden die beiden UN-Mitarbeiter von Rebellen verschleppt und ermordet. Doch schnell fand der französische RFI-Rundfunk heraus, dass Kongos Staat Catalan und Sharp gezielt in eine Falle gelockt habe: ihr Übersetzer, der die Tour an den Ort ihrer Entführung organisierte, war ein Mitarbeiter des kongolesischen Geheimdienstes.
Vergangene Woche veröffentlichten mehrere europäische Medien Erkenntnisse, wonach die UNO das wusste.
Der Skandal ist auch schon vor dem Militärtribunal im Kongo zur Sprache gekommen, wo die Tötung der vier kongolesischen Begleiter der zwei UN-Experten verhandelt wird. Am 22. November sagte dort der inkriminierte Übersetzer aus und sagte, dass er seinen Job Shadary verdanke.
Schwedens Außenministerin Margot Wallström erklärte daraufhin, ihr Land „prüft die rechtlichen Möglichkeiten zur Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen Herrn Shadary“.