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Wie wir durch die Presse erfahren haben, ist der kongolesische Senator, Jean-Pierre Bemba, Vorsitzender der politischen Partei "Bewegung für die Befreiung Kongos", ehemaliger Vize-Präsident der Übergangsregierung in der DR Kongo und "wahrscheinlicher" Sprecher der kongolesischen parlamentarischen Opposition ist am letzten Sonnabend, d. 22.05.2008 gegen 22.00 Uhr, in einem Vorort Brüssels, durch die belgische Bundespolizei verhaftet worden.
Diese Verhaftung folgte einem internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichts, der bis zu seiner Vollstreckung geheim gehalten wurde. Jean-Pierre Bemba werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit in zwei Fällen und Kriegsverbrechen in vier Fällen vorgehalten, die durch die Milizionäre seiner bewaffneten Gruppe, 2002 und 2003, in der Zentralafrikanischen Republik begangen wurden.
Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass fast alle Presseartikel, die über die Verhaftung Bembas berichten, nicht von seiner Funktion als Senator sprechen. Eine Funktion, die er bis zum heutigen Tag innehat und ihm einige Rechte zuerkennt - unter anderem das Recht auf die parlamentarische Immunität.
Überdies fragt man sich: Warum wurde der gegen Jean-Pierre Bemba erlassene internationale Haftbefehl geheim gehalten? Wie wir erfahren haben, dürfte die Verhaftung Bembas der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität, die er als ein noch im Amt befindlicher Senator besitzt, durch den kongolesischen Senat nicht vorausgehen.
In der Tat geht es hier auch um die Achtung der Institutionen der DR Kongo. Wenn man nicht darauf achtet, besteht die Gefahr, dass der Fall Bembas ein Präzedenzfall wird, mit der Konsequenz, dass die kongolesischen Parlamentarier in Zukunft Opfer flagranter Verletzungen der Normen betreffend international anerkannter parlamentarischer Immunität sein könnten.
Zur Erinnerung: Nachdem der ehemalige zentralafrikanische Staatschef, Ange-Felix Patasse, durch eine von General Francois Bozize geführte bewaffnete Gruppe bedroht wurde, rief er die Truppen Bembas zur Hilfe. Während dieser Operation sollen sie dann die oben genannten Verbrechen begangen haben. Verbrechen, für die Bemba sich in seiner Eigenschaft als politischer und militärischer Führer der Bewegung für die Befreiung Kongos vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten muss.
Nachdem Jean-Pierre Bemba die Präsidentschaftswahl gegen Joseph Kabila verloren hatte, findet seine Verhaftung in einem entscheidenden Moment seiner politischen Karriere statt. "In einem entscheidenden Moment" deshalb, weil er sich kurz vor seiner Rückkehr in die DR Kongo befand, wo er als potentieller Kandidat für die Position des Sprechers der parlamentarischen Opposition gilt. Seine politische Plattform ist die zweitstärkste politische Kraft in den beiden Häusern des kongolesischen Parlaments. Die Rückkehr Bembas in Kinshasa wurde möglich, nachdem seine Partei, so der Geschäftsführer der MLC vor der Presse in der Hauptstadt der DR Kongo, eine Sicherheitsgarantie für seine Person bekommen hat (Xinhua vom 23.05.08).
Die erste sich in diesem Zusammenhang stellende Frage ist die nach der parlamentarischen Immunität, die Jean-Pierre unter Berufung seiner Zugehörigkeit zum kongolesischen Senat immer noch genießt. Die zweite Frage bezieht sich auf die Position des Senats, nachdem eines seiner Mitglieder, in diesem Fall Jean-Pierre Bemba, wie oben erwähnt, durch das Ersuchen des Intenationalen Gerichtshofes in den Haag verhaftet wurde. Und dies, trotz der parlamentarischen Immunität, die ihm durch die dritte kongolesischen Verfassung (Kapitel 3, Artikel 107) zuerkannt ist. Wie wird die kongolesische Regierung auf die Verhaftung eines Mitglieds der Legislative unter offensichtlicher Verletzung der parlamentarischen Immunität reagieren?
Da wir weder Jurist noch Spezialist für Verfassungsrecht oder für internationales Privatrecht sind, überlassen wir den Gelehrten in diesem Wissensbereich den Vorrang zur Beantwortung der oben gestellten Fragen...
Abgesehen von der Meinung, die die einen und/oder die anderen über den Politiker Bemba haben, drängt sich ohne jegliche Sentimentalität an dieser Stelle die Frage nach den zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen Belgien und der DR Kongo auf. Vor einigen Tagen hatte der belgische Außenminister, unter Verletzung der elementaren Regeln der diplomatischen Gepflogenheiten, den kongolesischen Staatschef beleidigt, indem er ihm gegenüber, während einer Audienz in Begleitung von zwei anderen belgischen Bundesministern, unhöflichen Reden gehalten hatte. Und es war nicht das erste Mal, dass sich Karel de Gucht gegenüber den kongolesischen politischen Verantwortlichen schlecht benommen hat. Sicherlich verdrossen in Bezug auf das chinesisch-kongolesische Milliardenabkommen hat der belgische Außenminister im Rahmen seines letzten Besuchs in de Hauptstadt Chinas von "einem moralischen Recht Belgiens gegenüber der DR Kongo" gesprochen. Dies hat die kongolesischen Beobachter der belgisch-kongolesischen Beziehungen zu der Aussage veranlasst, dass es sich hier um ein Unikum in den Annalen der diplomatischen Beziehungen zwischen zwei souveränen Staaten handelt. In der Folge dieser wiederholten Provokation des belgischen Außenministers hat die kongolesische Regierung postwendend den kongolesischen Botschafter in Belgien zur Konsultation zurückbeordert und das kongolesische Generalkonsulat in Antwerpen geschlossen.
Bildet diese letzte Serie der vom belgischen Außenminister immer wieder provozierten (fast) diplomatischen Zwischenfälle und die Festnahme eines kongolesischen Senators unter flagranter Nichtachtung seiner parlamentarischen Immunität ein Vorspiel zu einer ernsthafteren Krise zwischen Belgien und der DR Kongo - einer Krise, die in den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern münden wird?
"Wait and see..." würden wir sagen.
Berlin, den 26.5.2008
Nachdem wir unser Papier veröffentlicht hatten, haben wir durch ein Interview des Präsidenten des kongolesischen Senats mit Radiookapi.net erfahren, dass die parlamentarische Immunität, die den Mietgliedern der beiden Kammern des kongolesischen Parlaments zuerkannt wird, nur innerhalb des Territoriums der DR Kongo gilt: "Die parlamentarische Immunität wird durch eine nationale Gesetzgebung geregelt. Diese Immunität betrifft - mit Ausnahme der Staatschefs, der Premierminister oder der Außenminister -, nicht) die (keine)Drittländer".
Wir nehmen es zur Kenntnis...