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23.1.2008 taz Nr. 8486 Ausland 150 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 9
Die Friedenskonferenz für Ostkongo vereinbart einen sofortigen Waffenstillstand zwischen Regierung, Tutsi-Rebellen und lokalen Milizen. Aber weder Präsident Kabila noch Rebellenführer Nkunda unterschreiben die Einigung
BERLIN taz Die Friedenskonferenz für die Kivu-Provinzen im Osten der Demokratischen Republik geht mit einem relativen Erfolg zu Ende. Vertreter der kongolesischen Regierung, der Rebellen des Tutsi-Generals Laurent Nkunda und fünf kleinerer bewaffneter Gruppen sollten gestern Nachmittag vor den Augen von Präsident Joseph Kabila und rund 1.300 Delegierten in Goma eine Vereinbarung zu einem sofortigen Waffenstillstand in der besonders umkämpften Provinz Nord-Kivu und eine "sofortige und komplette Einstellung der Kampfhandlungen" unterschreiben. Alle Kriegsparteien sollen ihre Truppen von den Frontlinien zurückziehen, damit UN-Blauhelme einrücken können. Eine weitere Erklärung sichert ein Stillhalten bewaffneter Gruppen auch in der Nachbarprovinz Süd-Kivu zu.
Einhellig sprachen Beobachter gestern von einem Durchbruch. Aber ein Friedensabkommen ist die Vereinbarung noch nicht. Tituliert ist sie als "Verpflichtungserklärung" (acte d'engagement), was im Juristenfranzösisch einer verbindlichen Auftragsbestätigung gleichkommt.
Die Einigung kam am Montagabend unter massivem Druck ausländischer Diplomaten zustande. Ihre feierliche öffentliche Unterzeichnung gestern verzögerte sich, während Konferenzleitung und Nkundas Rebellenvertreter in einem Luxushotel letzte Details besprachen. Die kongolesische Hutu-Miliz "Pareco" (Kongolesische Widerstandspatrioten) zog derweil ihre Zusage zur Unterschrift wieder zurück. Das sollte nach Einschätzung von Beobachtern kein Hindernis für die anderen mehr sein - stellte aber die Geduld der seit Mittag im Konferenzsaal wartenden Delegierten auf die Probe.
Begonnen hatte die Friedenskonferenz am 6. Januar, nachdem die Regierungsarmee in Nord-Kivu 2007 dreieinhalb Monate vergeblich versucht hatte, die Rebellen der von Laurent Nkunda geführten CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) aus ihren Hochburgen in den Bergen westlich von Goma zu verjagen. Nkunda, der sich vor allem den Schutz kongolesischer Tutsi und den Kampf gegen ruandische Hutu-Milizen auf die Fahnen schreibt, hatte Mitte Dezember den Krieg vorerst für sich entschieden und die Regierungsarmee vertrieben.
Auf der Friedenskonferenz trafen Vertreter seiner Bewegung, aller anderen lokalen Milizen und aller Ethnien der Provinzen Nord- und Süd-Kivu in Goma auf Einladung der Regierung zusammen, um ihre Sichtweisen auf die seit 15 Jahre anhaltenden Konflikte Kivus darzulegen. Fast alle Teilnehmer waren sich einig, dass die Bildung einer geeinten Armee im Kongo gescheitert ist und dass die im Kivu sehr starken ruandischen Hutu-Milizen nach Ruanda zurückgeschickt werden müssen.
Zugleich kamen aber auch abgrundtiefe ethnische Ressentiments zum Vorschein. Die Abschlusserklärung soll jetzt erst einmal verhindern, dass der Krieg neu aufflammt. Neben dem Waffenstillstand verpflichten sich die Unterzeichner, ihre Truppen nicht weiter aufzurüsten oder zu bewegen oder andere "für den Frieden schädliche Handlungen" zu begehen. Die Details der Truppenentflechtung sollen von einem von Präsident Kabila einzusetzenden "technischen Komitee" geklärt werden. Außerdem soll Kongos Regierung dem Parlament in Kinshasa einen Amnestiegesetzentwurf für Mitglieder bewaffneter Gruppen vorlegen. Ausgenommen von einer Amnestie wären lediglich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.
Das Abkommen hat viele Schwachpunkte. Zum einen trägt es die Unterschriften weder von Kongos Präsident Kabila noch von Rebellenführer Nkunda - Kabila ist bei der Konferenz, sagt aber kein Wort, und Nkunda wurde nicht eingeladen. Es gibt keinen Zeitplan zur Umsetzung der Vereinbarungen.
Die zentralen Schritte, die dem Waffenstillstand folgen sollen - Bildung des "technischen Komitees" zur Ausarbeitung der Truppenentflechtung, Ausarbeitung des Amnestiegesetzes sowie das Ende jeder Unterstützung für Milizen aus der Regierungsarmee heraus -, sind nicht als Selbstverpflichtungen der Regierung formuliert, sondern als Bitten an sie. Die wichtigsten Kriegsführer sind nur an den jetzt geltenden Waffenstillstand gebunden. Und Kivus Bevölkerung ist weiter auf ihren guten Willen angewiesen, um zum Frieden zu finden.
DOMINIC JOHNSON