13.11.2008 taz Meinung und Diskussion 46 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 12
Freie Bahn für Kriegstreiber
Der Fall Rose Kabuye behindert die Friedenssuche im Kongo
KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON
Man kann nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirklich nicht weiß, was sie tut. Der politische Flurschaden, den die Verhaftung von Ruandas Protokollchefin Rose Kabuye am Frankfurter Flughafen am Sonntag angerichtet hat, ist verheerend. Es geht dabei nicht bloß um die lädierten deutsch-ruandischen Beziehungen - die sind im Laufe der Zeit zu reparieren. Es geht um die Stellung Deutschlands bei der Suche nach Frieden im Afrika der Großen Seen, wo der neue Krieg im Kongo droht sich in einen blutigen Regionalkonflikt auszuweiten.
Frankreich war tief in Ruandas Völkermord 1994 verstrickt und hat den darauf folgenden Verlust Ruandas als Einflusszone nie verwunden. Die Regierung von Präsident Paul Kagame wird als Feind, nicht als Partner gesehen. Wenn ein französischer Untersuchungsrichter Haftbefehle gegen ruandische Politiker allein auf der Grundlage von inzwischen teils schon zurückgezogenen und nicht unabhängig belegten Erinnerungen exilierter Ruander ausstellen kann, spricht das nicht für die Unabhängigkeit der französischen Justiz. Der zuständige Untersuchungsrichter wechselte zudem unmittelbar nach seiner Ruanda-Arbeit in die Politik - als Parlamentskandidat der französischen Rechten, die weiterhin dem in Ruanda begonnenen Verlust des neokolonialen afrikanischen Hinterhofs nachtrauern. Wenn sich Deutschland und darüber hinaus die EU in solche zwielichtige Gesellschaft begeben, verabschieden sie sich von jeder neutralen Rolle bei der Suche nach Frieden im Kongo und in der Region.