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8.7.2011 taz Nr. 9540 Ausland 120 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 11
Der historische Oppositionsführer Etienne Tshisekedi, lange politisch abgetaucht, will im Alter von 78 jetzt Präsident werden. Er fordert freie Wahlen und warnt vor einem tunesisch-ägyptischen Szenario
VON DOMINIC JOHNSON
BERLIN taz | Am 28. November sind in der Demokratischen Republik Kongo Wahlen geplant, und sie gelten als Test fünf Jahre nach den ersten freien Wahlen 2006. Doch je näher der Termin rückt, desto größer werden unter Gegnern des Präsidenten Joseph Kabila die Zweifel.
Am Montag kam es zu Straßenschlachten im Zentrum der Hauptstadt Kinshasa, als die älteste Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) gegen angebliche Unregelmäßigkeiten bei der laufenden Neuregistrierung aller Wähler demonstrierte. Es gab mindestens einen Toten. Die UDPS unter Etienne Tshisekedi, historischer Führer der kongolesischen Demokratiebewegung, hatte 2006 die Wahlen boykottiert und sich damit ins Abseits gestellt. Diesmal tritt sie an und hofft auf internationalen Druck, um korrekte Wahlen zu gewährleisten, sagt Tshisekedi zur taz bei einem Besuch in Berlin.
2006 habe die Welt Kabila als Präsidenten erzwungen, so der 78-jährige Oppositionsführer, der nach langer Krankheit jetzt erstaunlich verjüngt auftritt. „Heute hat die internationale Gemeinschaft begriffen, dass sie damals einen Fehler gemacht hat. Sie haben deshalb jetzt beschlossen, die Kongolesen frei wählen zu lassen. Kabila bereitet Wahlfälschung vor, und ich fordere Druck auf Kabila, damit er eine freie und transparente Wahl zulässt.“ Sollte Kabila durch Fälschung siegen, drohe ihm das Schicksal der Diktatoren Tunesiens und Ägyptens.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am 28. Juni das UN-Mandat im Kongo um ein Jahr verlängert – trotz früherer Forderungen Kabilas, bis zu den Wahlen die Blauhelme abzuziehen. Die UN-Resolution 1991 „drängt die Regierung und alle relevanten Parteien, ein Umfeld für einen freien, fairen, glaubwürdigen, transparenten, friedlichen und zeitigen Wahlprozess zu gewährleisten“. Dies bedeute „freie politische Debatte, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, gleichen Zugang zu Medien, Sicherheit“.
Die UDPS wirft der Wahlkommission vor, in Kabilas Hochburgen Minderjährige zu registrieren und in Oppositionshochburgen die Neuregistrierung der Wähler zu erschweren. In mehreren Provinzen wurde jetzt die Registrierungsperiode bis zum 10. oder 15. Juli verlängert. Bis Ende Juni wurden 28.591.426 Wähler registriert. Rund 31 Millionen sollen es am Ende werden.
Ein Wahlsieg Kabilas erscheint wahrscheinlich, weil diesmal anders als 2006 die relative Mehrheit im ersten Wahlgang genügt. Um den Präsidenten zu schlagen, müssten sich seine Gegner zusammentun: die UDPS unter Tshisekedi, die MLC unter dem mittlerweile in Den Haag inhaftierten Jean-Pierre Bemba und die neugegründete UNC (Union der kongolesischen Nation) des ehemaligen Parlamentspräsidenten Vital Kamerhe. International gilt Tshisekedi als ewiger Verlierer und Bemba als diskreditiert. Kamerhe erweckt Neugier – doch viele Oppositionelle trauen ihm nicht, denn noch 2006 leitete er Kabilas Wahlkampf.
Tshisekedi dämpft daher die Erwartungen an eine gemeinsame Oppositionskandidatur: „Es kommt nicht in Frage, dass ich einen anderen unterstütze. Ich kämpfe seit 30 Jahren für Demokratie.“ Die Hoffnung der UDPS scheint zu sein, dass Kamerhe sich wieder an Kabila verkauft, die MLC ohne Bemba schwach bleibt und dann Tshisekedi übrigbleibt. „Wir sind die einzige Partei, die in jedem Dorf des Kongo verankert ist“, sagt Tshisekedi. „Nur die UDPS kann das gegenwärtige Regime ablösen.“