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9.2.2013 taz Nr. 10028 Ausland 103 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 09
Südafrikas Polizei hat eine Gruppe von 19 Exilanten geschnappt, die angeblich Kongos Präsident Joseph Kabila stürzen wollte. Ihr Anführer, noch flüchtig: der mutmaßliche Halbbruder des Präsidenten
BERLIN taz | Eine gigantische Verschwörung wollen die südafrikanischen Behörden aufgedeckt haben: 19 Exilkongolesen sind am Donnerstag von einem Gericht in Südafrikas Hauptstadt Pretoria unter dem Vorwurf illegaler Söldneraktivitäten mit dem Ziel eines „verfassungswidrigen Sturzes von Präsident Kabila“ in ihrem Heimatland angeklagt worden. Sie waren in der Nacht zum Dienstag von Spezialeinheiten festgenommen worden, als sie sich – so die Staatsanwaltschaft – an einer Tankstelle bei Johannesburg versammelt hatten, um in ein militärisches Trainingscamp aufzubrechen. Dieses habe unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Nashornwilderei in Modimole in Südafrikas nördlichster Provinz Limpopo entstehen sollen.
Für Südafrika, das sich derzeit als Friedensmacht im Kongo profilieren will, ist die Vereitelung ein gelungener Coup. Seit September 2012 soll ein V-Mann die Gruppe infiltriert haben. Die Mitglieder gehören laut Anklage alle zur Exilgruppe UNR (Union der Nationalisten für die Erneuerung). Zwei ihrer politischen Führer seien jetzt flüchtig. Diese beiden verleihen dem Vorhaben große politische Sprengkraft.
Einer von ihnen ist Etienne Kabila – ein kongolesischer Flüchtling in Südafrika, der seit über zehn Jahren behauptet, er sei der wahre Sohn von Laurent-Désiré Kabila, Vorgänger und Vater des heutigen kongolesischen Staatschefs Joseph Kabila.
Joseph Kabila wurde im Januar 2001 Präsident des Kongo, nachdem Laurent-Désiré Kabila, der 1997 als Rebellenchef die damalige Mobutu-Diktatur gestürzt hatte, in seinem Palast erschossen worden war. Bis heute gibt es Stimmen im Kongo, die Joseph Kabila für einen ruandischen Ziehsohn Laurent-Désiré Kabilas halten und ihm deshalb die Legitimität absprechen, den Kongo zu regieren.
Bei den Wahlen 2006 und 2011 kam dieses Argument immer wieder von Seiten radikaler Nationalisten und Aktivisten der Demokratiebewegung hoch. Sie stützen sich dabei unter anderem auf die nicht nachprüfbaren Angaben Etienne Kabilas. Bisher aber war dieser nicht als Putschist im Gespräch.
Neben Etienne Kabila sucht Südafrikas Polizei einen ostkongolesischen Milizenführer: General William Yakutumba, Anführer einer lokalen Miliz aus der Region Fizi am Tanganyika-See, der den Kongo von Tansania trennt. Die Region Fizi war die einzige im Ostkongo, die bei der Präsidentschaftswahl 2011 mehrheitlich für Kongos stärksten Oppositionsführer Etienne Tshisekedi stimmte. Der hält sich bis heute für ein Opfer von Wahlbetrug. Aus seinem Umfeld werden immer wieder Versuche bekannt, den bewaffneten Kampf gegen das „illegale“ Kabila-Regime zu organisieren.
Der eingeschleuste V-Mann lieferte Südafrikas Polizei eine Einkaufsliste der Gruppe: 20 Boden-Luft-Raketen, 5.000 AK-47-Maschinengewehre, dazu Granatwerfer und Satellitentelefone und 125.000 US-Dollar in bar – ein beachtliches Arsenal, mit dem man im Kongo eine sehr schlagkräftige Armee aufstellen könnte. Nächste Woche soll der Prozess gegen die 19 beginnen.
DOMINIC JOHNSON