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3.5.2013 taz Nr. 10096 Ausland 137 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 10
Die M23-Rebellen verkünden ihren Rückzug aus den Friedensgesprächen mit der Regierung – aus denen sich Letztere längst zurückgezogen hat. Grund: die bevorstehende Ankunft „robuster“ UN-Kampftruppen
VON DOMINIC JOHNSON
BERLIN taz Im Osten der Demokratischen Republik Kongo stehen die Zeichen wieder einmal auf Sturm. Die Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März), die wichtige Teile der Provinz Nordkivu an den Grenzen zu Ruanda und Uganda kontrolliert, erklärte am Mittwochabend den Abbruch der Friedensgespräche mit Kongos Regierung, die mit Unterbrechungen seit Dezember in Ugandas Hauptstadt Kampala laufen.
Als Grund nannte M23-Chefunterhändler René Abandi die beginnende Stationierung einer neuen Kampftruppe der UNO im Ostkongo. Dies ermutige Kongos Regierung zu einer militärischen Lösung. „Sie kommen mit einem Angriffsmandat, das ist nicht gut“, sagte Abandi. „Wir hoffen, dass die Regierung später begreift, dass Krieg die Probleme im Ostkongo nicht lösen kann.“
Die Gespräche in Kampala hatten bisher sowieso nichts gebracht. Die Regierungsdelegation war schon vor Ostern abgereist und ist bisher nicht zurückgekommen. Die Rebellen waren dageblieben und sprachen mit der ugandischen Vermittlung.
Die M23, vor einem Jahr von aus Kongos Armee ausgetretenen Tutsi-Generälen gegründet, hatte im November 2012 Nordkivus Provinzhauptstadt Goma eingenommen. Sie zog sich erst wieder zurück, nachdem Kongos Regierung Verhandlungen zusagte, gemäß einem Friedensplan der in der Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen (ICGLR) zusammengeschlossenen Nachbarstaaten.
Mitte März hatte M23-Militärführer Sultani Makenga in einem internen Machtkampf die Kontrolle über die Bewegung übernommen. Er gilt als Vertreter eines gemäßigteren Flügels, der mit Kongos Regierung eine Verhandlungslösung sucht, die ihm und seinen Kameraden eine Führungsrolle in Kongos Armee geben würde. So zog er seine Truppen etwas weiter von Goma zurück, nachdem sie zuvor direkt am Stadtrand gestanden hatten.
Doch daraufhin beschloss der UN-Sicherheitsrat, in Goma eine „Interventionsbrigade“ zum Kampf gegen die M23 zu stationieren. Die Truppe soll „in einer robusten, hochmobilen und vielfältigen Manier die Ausbreitung aller bewaffneten Gruppen verhindern, diese Gruppen neutralisieren und sie entwaffnen“, heißt es in der UN-Resolution 2098 vom 28. März. Nach UN-Angaben werden Südafrika, Tansania und Malawi je 850 Infanteristen stellen. Dazu kommen 529 Soldaten für Spezialkräfte, Aufklärung und Artillerie. Sie sollen im Mai in Goma eintreffen.
Es verwundert kaum, dass die M23 das als Kriegserklärung auffasst, zumal es im Widerspruch zum Friedensprozess steht. Man werde sich verteidigen und, da die Brigade Teil der UN-Mission sei, dabei nicht zwischen der Brigade und anderen UN-Truppen unterscheiden, schrieb M23-Präsident Bertrand Bisimwa Mitte April an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon. M23-Militärsprecher Vianney Kazarama sagte diese Woche, man sei dabei, Hunderte Soldaten darin auszubilden, „wie zu reagieren ist, falls die Brigade sie jagt, und wie man Hinterhalte legt“. Andere Rebellenvertreter tönten sogar, man sei in der Lage, Goma „innerhalb von 30 Minuten“ erneut einzunehmen.
Nun will die UNO die Wogen glätten. Die neue UN-Sonderbeauftragte für das Afrika der Großen Seen, Mary Robinson, erinnerte bei ihrem Antrittsbesuch in Goma am Dienstag an das „Rahmenabkommen“. Das hatte Kongos Regierung im Februar im Rahmen der Afrikanischen Union geschlossen, und darin ist von international überwachten politischen Reformen die Rede. Von Kongos Regierung ist zu all dem nichts zu hören, außer dass in der Hauptstadt Kinshasa auch keine Rede mehr von einer Rückkehr an den Verhandlungstisch in Kampala ist.
Beobachter bezweifeln zwar, dass die neue UN-Brigade wirklich die M23 angreifen wird, faktisch die stärkste Armee Ostkongos. Es glaubt auch kaum jemand, dass die M23 per Präventivschlag Angriffe auf sich provozieren möchte. Doch von Frieden redet derzeit auch niemand.