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10.5.2013 taz Nr. 10101 Ausland 118 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 11
Ab sechs Jahren aufwärts mussten Mädchen in Minova im November 2012 damit rechnen, von Regierungssoldaten missbraucht zu werden, schreibt ein UN-Bericht. Die Armee ist Partner der UNO
BERLIN taz | Kongolesische Regierungstruppen haben verbreitet Plünderungen und sexuelle Kriegsverbrechen begangen. Ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht des UN-Menschenrechtskommissariats und der UN-Mission im Kongo bestätigt und präzisiert entsprechende Vorwürfe. „Die Verantwortlichen für diese Verbrechen müssen wissen, dass sie verfolgt werden“, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. „Es bleibt noch viel zu tun, um den Opfern Gerechtigkeit zu verschaffen und das Vertrauen der lokalen Bevölkerung in die kongolesische Justiz wiederherzustellen.“
Der UN-Bericht behandelt die Intensivierung des Krieges im Ostkongo im November 2012, als die Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) elf Tage die Provinzhauptstadt Goma kontrollierte. 6.000 bis 8.000 Soldaten der Regierungsarmee FARDC waren damals ins Landesinnere geflohen, bevor sie sich in den Kleinstädten Minova und Bweremana sammelten. Schon bei der Flucht aus Goma am 19. November töteten die Soldaten zwei Menschen, so der UN-Bericht.
Minova sowie mindestens acht Dörfer und zwei Flüchtlingslager im Umland hätten sie schließlich „systematisch geplündert“. „In und um Minova“ seien zwischen dem 20. und 30. November mindestens 135 Fälle sexueller Gewalt durch die Soldaten gegen die Zivilbevölkerung erwiesen, zumeist in der Nacht zum 23. November.
„Die meisten dokumentierten Fälle folgten einem ähnlichen Muster“, so der UN-Bericht. „FARDC-Soldaten drangen in Häuser ein, meistens in Gruppen von drei bis sechs, bedrohten die Bewohner und plünderten, was sie finden konnten. Einer oder zwei der Soldaten ging mit dem Plündergut weg und mindestens einer schob Wache, während die restlichen FARDC-Soldaten Frauen und Mädchen im Haus vergewaltigten. Opfer wurden mit dem Tode bedroht, falls sie schrien; manche wurden mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt. Die meisten wurden von mehr als einem Soldaten vergewaltigt.“ 33 Fälle betreffen Minderjährige, darunter Mädchen im Alter von sechs Jahren.
In einem früheren Teilbericht hatte die UNO von „mindestens 126“ Vergewaltigungen in Minova gesprochen. Die UN-Mission im Kongo stellte daraufhin ihre Zusammenarbeit mit zwei Armeebataillonen ein. Als deren Kommandeure und Vizekommandeure suspendiert wurden, nahm die UNO die Zusammenarbeit wieder auf. Pikantes Detail: Eines der Bataillone wurde 2010 von US-Militärausbildern als Elitebataillon trainiert.
Der UN-Bericht nennt auch Verbrechen der M23-Rebellen. Sie hätten in Goma und Sake mindestens 11 Menschen hingerichtet, es seien 59 Fälle sexueller Gewalt nachgewiesen. 49 davon wurden in Gomas Militärkaserne Katindo verübt – an Frauen geflohener Regierungssoldaten.
Die Veröffentlichung des UN-Berichts ist ein weiteres Signal für eine härtere Gangart der UNO gegenüber Kongos Regierung, nachdem die beginnende Entsendung einer neuen Interventionsbrigade bereits für die Rebellen ein Warnsignal ist. Bisher hatten UN-Stellen die M23 wiederholt härter kritisiert als die Regierungsarmee, obwohl Letzterer mehr Verbrechen nachgewiesen sind.
Die Strafverfolgung mutmaßlicher Täter durch Kongos Justiz ist eher symbolisch. Laut UN-Bericht sind wegen Minova elf FARDC-Soldaten verhaftet worden, darunter nur zwei wegen Vergewaltigung und zwei wegen Mordes.
DOMINIC JOHNSON