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21.8.2013 taz Nr. 10188 Ausland 71 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 10
Ein Parlamentarier aus der ostkongolesischen Stadt Goma wurde wegen kritischer Sätze in einer Rundfunksendung verschleppt und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Polizei unterbindet Proteste
BERLIN taz | „Freiheit für Nzangi“ stand auf den Transparenten, und: „Sein Platz ist an der Seite seines Volkes, nicht hinter Gittern“. Der Protest der Jugendgruppe Lucha in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma am Dienstag für die Freilassung des inhaftierten Parlamentariers Muhindo Nzangi war von kurzer Dauer: Nach wenigen Stunden räumte die Polizei die Jugendlichen, die sich vor dem Sitz des Gouverneurs der Provinz Nordkivu versammelt hatten. „Wie tollwütige Hunde schlagen Polizisten Frauen und Mädchen“, teilte die Gruppe am Mittag über Twitter mit. Und in Richtung der UN-Mission im Kongo, die Goma erst kürzlich zur „Sicherheitszone“ erklärt hatte: „Wo sind die, die vorgeben, die Zivilbevölkerung zu schützen?“
Muhindo Nzangi, einer der gewählten Parlamentsabgeordneten für Goma, hatte am 11. August im lokalen Radiosender Kivu One Kritik an Kongos Präsident Joseph Kabila geübt. Als Oberkommandierender der Streitkräfte sei der Präsident verantwortlich dafür, wenn Kongos Regierungstruppen keinen Sieg über die Rebellenarmee M 23 (Bewegung 23. März) erringen, soll er sinngemäß gesagt haben. Seine genauen Worte werden unterschiedlich wiedergegeben – unstrittig ist aber, dass der Parlamentarier direkt nach der Livesendung vor dem Radiogebäude von Geheimdienstlern festgenommen wurde. Er wurde umgehend nach Kinshasa geflogen und in einem Blitzverfahren vom Obersten Gericht zu drei Jahren Haft wegen „Anstiftung zur Rebellion“ verurteilt. Um seine parlamentarische Immunität scherten sich die Richter nicht.
Nzangis Partei MSR (Sozialbewegung für Erneuerung), eine aus der ostkongolesischen Zivilgesellschaft hervorgegangene Formation, trat aus Protest gegen die Verurteilung vorläufig aus Kabilas Regierungsallianz MP (Präsidiale Mehrheit) aus. Sollte die MSR endgültig in die Opposition gehen, würde Kabila einen wichtigen Bündnispartner im Ostkongo verlieren. Nzangi sitzt noch immer in Kinshasa in Haft. Beobachter werten das als Zeichen für die extreme Nervosität der Regierung gegenüber Kritikern.
DOMINIC JOHNSON