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16.7.2014 taz Nr. 10461 Seite 1 67 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 01 Leitartikel
KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON ZU GESPRÄCHEN MIT DEN RUANDISCHEN HUTU-MILIZEN IM KONGO
Wer Frieden will, muss mit Kriegsführern notfalls auch verhandeln. Dies ist eine Selbstverständlichkeit der internationalen Krisendiplomatie. Insofern ist, abstrakt gesehen, erst einmal nichts daran auszusetzen, wenn die für die Stabilisierung der Demokratischen Republik Kongo zuständige UN-Blauhelmmission einige der berüchtigtsten Kommandeure der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu Sondierungsgesprächen im Rahmen der katholischen Kirche nach Rom bringt. Schließlich redet sie ja auch mit vielen anderen bewaffneten Gruppen in dem geschundenen Bürgerkriegsland im Herzen Afrikas, um sie dazu zu bewegen, die Waffen niederlegen.
Aber die FDLR ist nicht nur irgendeine Bürgerkriegsmiliz, die im eigenen Land bestimmte Interessen vertritt. Sie ist das Sammelbecken und die Exil-Nachfolgeorganisation jener Kräfte, die in Ruanda vor zwanzig Jahren den Völkermord an bis zu einer Million Tutsi durchführten – und die bis heute von der Rückeroberung Ruandas für die alte Hutu-Elite träumen. Etwas anderes als ein Machtwechsel in Ruanda interessiert sie nicht. Für Ruandas Regierung, die das Land neu aufrichtet, ist diese Miliz als Gesprächspartner etwa so akzeptabel, wie es für Israels Regierung eine bewaffnete deutsche Nazigruppe wäre. Die Hutu-Kämpfer haben darüber hinaus die Bevölkerung Ostkongos jahrelang mit Terror überzogen und gelten eigentlich als kommendes Ziel internationaler Militäroperationen.
Der FDLR in dieser Situation ohne nennenswerte Gegenleistung eine diplomatische Aufwertung zu verschaffen bestätigt Scharfmacher auf allen Seiten und wirft die Aussöhnung zwischen Kongo und Ruanda, von der die Stabilität der gesamten Region abhängt, weit zurück. Das sollte die UNO eigentlich wissen. Und sie sollte auch wissen, wen sie da eigentlich um die Welt fliegt: den Kommandeur des schlimmsten einzelnen Massakers, das der FDLR im Kongo zugeschrieben wird. Vor gut fünf Jahren machten die Milizionäre das kongolesische Dorf Busurungi dem Erdboden gleich und töteten seine Bewohner. Als politisch Verantwortlicher dieses Massakers steht der politische Führer der FDLR in Deutschland vor Gericht. Der Einsatzleiter, der vor Ort befehligte, sitzt derweil im UN-Freiflug nach Europa. Selbst wenn Gespräche mit der FDLR sinnvoll wären – diese Auswahl an Gesprächspartnern ist es nicht.